Auf Schloss Hallwyl werden die derzeit lauen Sommernächte zu amüsanten Opernabenden. Gioacchino Rossinis Aschenputtel-Geschichte «La Cenerentola» inszeniert der Wiener Regisseur Johannes Pölzgutter, der einst am Luzerner Theater seine Sporen abverdiente, schmissig und farbenfroh. Und das Argovia Philharmonic spielt die virtuose Musik unter der Leitung von Douglas Bostock leichtfüssig und rhythmisch prägnant. An der Premiere von vergangenem Freitag liess sich das Publikum begeistern. Für die diesjährige Produktion der Oper Schloss Hallwyl hat sich einiges geändert, denn neu liegt die künstlerische Verantwortung beim Argovia Philharmonic. Dessen Intendant Christian Weidmann definierte im relativ engen Schlosshof für das Orchester einen anderen Spielort. War dieses bis anhin auf einem Podium über dem Schloss-Eingang positioniert und damit über den Sängern, so spielt es jetzt in einem Kubus vor dem Schloss. Die Bühne ist auf zwei Ebenen gestaltet: Die eine Spielebene ist vor dem Orchester, die andere darüber. Somit ist kein direkter Blickkontakt der Sänger mit dem Dirigenten möglich, es läuft alles über Monitore.
Diese Konstellation ist bei Rossini, der viele rhythmisch heikle Sänger-Ensembles komponierte, ein Risiko. Doch gerade hier hat Bostock immer wieder für Highlights gesorgt, sei das im Quintett des 1. Akts mit dem in Achteln auf einem Ton «schnatternden» Magnifico oder dann im mit Ironie gespickten Verwirrungs-Sextett des 2. Akts. Das Ensemble und der Männerchor sangen präzise, und das Orchester war ihnen eine rhythmisch tragende Stütze. Schade, aber verständlich, dass man etliche Wiederholungen bei Ensembles gestrichen hat, denn die Oper musste auf zweieinhalb Stunden gekürzt werden. Die Grundidee der Regie versetzt die Aschenputtelgeschichte in die heutige Zeit, es geht um eine Castingshow für einen Schönheitswettbewerb. Bühnenbildner Manuel Kolip baute dafür ein grosses Glücksrad, das mittels eines Schalthebels bewegt werden kann. Links und rechts davon sorgen übergrosse Glücksklee-Blätter für ein verspieltes Ambiente. Vor dem Orchester wird auf vier runden Podesten je eine kleine Privatwelt angedeutet. Rechts aussen kümmert sich Aschenputtel um die Wäsche der andern, die eine Stiefschwester, Clorinda, sitzt auf einem Coiffeur-Sessel mit Trockenhaube, die andere, Tisbe, liegt in der Badewanne, und links aussen steht der grüne Ohrensessel für Vater Magnifico, der sich mächtig ins Zeug legt für die Verheiratung einer seiner Töchter mit dem Prinzen. Die beiden Spielebenen sind lediglich über Leitern verbunden, auf denen vor allem die beiden Stiefschwestern und Aschenputtel rauf- und runterklettern, was das Bild heiter belebt. In den knallig bunten Kostümen der Luzernerin Janina Ammon putzen die beiden Stiefschwestern ständig an sich herum. Leonor Amaral (Clorinda) und Anna Nero (Tisbe) als überkandidelte Zicken singen meist im zänkischen Duett, der helle Sopran Amarals mischt sich dabei gut mit dem dunkleren Neros.
Ein Glücksfall ist die Cenerentola: Wioletta Hebrowska überzeugt sowohl im schlichten Liedchen als armes Mädchen als auch in den schwierigen Koloraturen, mit denen sie sich zu einer veritablen Prinzessin von Format steigert. Sie führt ihre warm timbrierte Mezzostimme mit ausgefeilter Technik und kann mühelos vom Lyrischen ins Dramatische wechseln. Eine herrlich komische Figur gibt Noé Colin Arvizu als Don Magnifico. Der Mexikaner hat einen markanten Bass-Bariton und tolle schauspielerische Qualitäten, seine Bühnenpräsenz macht aus Magnifico einen idealen Rossini-Tölpel.
Als langjähriger technischer Partner und Sponsor der Freiluftproduktionen auf Schloss Hallwyl engagiert sich smARTec auch für die diesjährige Ausgabe stark und zeichnet für die audio-, beleuchtungs- sowie videotechnische Planung und Ausstattung der Oper sowie für das Sounddesign verantwortlich.
"La Cerentola" ist noch bis 25. August 2018 im Schlosshof von Schloss Hallwyl zu erleben.
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Fotos: (c) operschlosshallwyl.ch
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